Swimming Classes, Besuch in der Schule, Windhoek & Ruacana

Gerade liege ich krank im Bett und langweile mich. Die letzten Wochen waren vielleicht einfach zu anstrengend, dass mein Körper sich mal eine Auszeit gönnt. Um die Zeit wenigstens etwas sinnvoll zu nutzen, beginne ich, diesen Artikel zu schreiben. Der letzte Beitrag liegt schließlich schon wieder mehr als zwei Monate zurück. Aber fangen wir mal dort an, wo ich mit dem letzten Beitrag aufgehört habe: Wir befinden uns im Monat März.

Zuletzt hatten Hanna und ich in der Schule das Nachmittagsprogramm (Netball- und Fußballtraining) so richtig ins laufen gebracht, mit den Schüler*innen eine Weitsprunggrube gebaut und mit ein paar Freunden, die wir hier kennengelernt haben, einen tollen Wochenendtrip zu den Ruacana Falls unternommen. Seitdem läuft der reguläre Sportunterricht eigentlich unverändert weiter. Mittlerweile haben wir sogar in den ersten Disziplinen Noten vergeben. Sowohl Sprints als auch Ausdauerläufe und zuletzt Weitsprung standen auf dem Plan. Wir haben die Sportstunden genutzt, um die jeweiligen Disziplinen zu trainieren und dann nach einigen Trainingseinheiten die Laufzeiten und Sprungweiten der Schüler*innen zu messen. Richtige Neuigkeiten gibt es ansonsten bezüglich des Sportunterrichts nicht zu berichten.

Ganz anders beim Nachmittagsprogramm! Immer wieder hatte ich es hier im Blog schon angedeutet und nun hat es eeeeeendlich geklappt: Wir haben die ersten Schwimmstunden mit unseren Schüler*innen hinter uns. Nach monatelangem Hin und Her und unzähligen geschriebenen Briefen und geführten Telefonaten haben wir von der Regional Direktorin endlich die Erlaubnis bekommen, mit den Kindern unserer Schule im privaten Pool von JP Schwimmstunden zu absolvieren. JP hatten wir beim Run Along kennengelernt und er hat uns angeboten, seinen Pool und seine Ausrüstung unentgeltlich dafür zu nutzen. Am 11.04. war es dann also soweit. Wir gingen das erste mal mit einigen Kindern aus der vierten und fünften Klasse der visual impaired section schwimmen. Seitdem machen wir (sofern keine Feiertage o.ä. dazwischen kommen) jeden Montag mit ca. 8 Kindern der visual impaired section und jeden Mittwoch mit ca. 8 Kindern der hearing impaired section unseren Schwimmkurs. Einige von ihnen waren mit uns nun sogar das allererste Mal in einem Schwimmbecken. Entsprechend groß ist jedes Mal die Freude in ihren Augen. Dieser Schwimmkurs ist für sie echt etwas besonderes.

Wir brauchen ca. 15 bis 20 Minuten zu Fuß zum Pool. Dort haben wir dann ca. eine Stunde und 15 Minuten Zeit, die Kinder ans Wasser zu gewöhnen und mit ihnen erste Basics zu üben. Der Schwimmkurs bringt allen Beteiligten wirklich unglaublich viel Spaß. Das Leuchten in den Augen der Kids nach der ersten Schwimmstunde werde ich so schnell nicht vergessen. Ich selbst habe Schwimmen damals im Schulunterricht nie sonderlich geliebt und war auch nie der versierteste Schwimmer. Trotzdem macht mir dieser Schwimmkurs unglaublich viel Spaß. Einerseits sehe ich die Begeisterung der Kinder, andererseits sehe ich, wie wichtig Schwimmkurse für Kinder sind. In den Schulen findet regulär nur selten Schwimmunterricht statt und privat leisten sich nur die wenigsten Eltern Schwimmunterricht für ihre Kinder. Der Anteil derer, die nicht schwimmen können, ist hier in Ongwediva daher unter allen Altersgruppen enorm hoch. Wir haben sogar schon von zwei Fällen mitbekommen, in denen (ehemalige) Schüler*innen unserer Schule ertrunken sind. Den Kindern Sicherheit im Wasser zu geben ist also enorm wichtig. Es geht uns nicht darum, technisch perfekte Leistungsschwimmerinnen zu entwickeln, sondern wir wollen den Kindern dabei helfen, sich ohne Hilfe über Wasser halten zu können. Dass wir nach so langwieriger Organisationsarbeit endlich die Möglichkeit dazu haben, ist eine riesige Freude und für mich ein großer Meilenstein unserer Arbeit hier.

Eindrücke aus den ersten Schwimmstunden

Neben den Schwimmstunden haben wir auch Goalball in unser Nachmittagsprogramm integriert. Das ist eine Sportart, bei der mit einem geräuschintensiven Hartgummiball Tore erzielt werden müssen. Alle Spieler*innen erhalten Augenbinden und können nichts sehen. Pro Team befinden sich drei Spieler*innen auf dem Spielfeld und müssen den Ball ins gegnerische 9 Meter breite Tor rollen bzw. ihr eigenes Tor nach Gehör verteidigen. Diese Sportart ist besonders geeignet für sehbeeinträchtigte Menschen und ist Teil des paralympischen Programms. Aktuell sind wir mit dieser Sportart noch im Aufbau. Gemeinsam mit JP, der uns die Bälle besorgt hat und aufgrund seiner Rolle im Paralympics Namibia Komitee ein großes Interesse an der Sportart hat, wollen wir das Training etablieren und feste Teams einrichten, sodass wir schulintern Wettkämpfe ausrichten können.

Goalball Training

Durch die Schwimmstunden und Goalball haben wir es nun geschafft, auch die Schüler*innen der visual impaired section in unser Nachmittagsprogramm mit einzubeziehen, während sich unser Engagement bis dahin eher auf die hearing impaired section beschränkte. Nun haben auch die sehbeeinträchtigten Kinder mit der Auswahl zwischen dem bereits bestehenden Athletiktraining, dem Blind-Soccer-Training mit Mr. Atuhe und unseren Angeboten eine vielfältige Auswahl an Nachmittagsaktivitäten.

Neben dem Daily-Business aus Sportunterricht und Nachmittagsaktivitäten gab es aber auch in den letzten beiden Monaten wieder besondere Ereignisse in der Schule. Den letzten Beitrag habe ich am 21.03. hochgeladen. In Namibia ist das ein gesetzlicher Feiertag, der Tag der Unabhängigkeit oder auch: Independence Day. Dieser Tag wurde am daurauffolgenden Freitag (25.03.) in der Schule gebührend nachgefeiert. Die Unabhängigkeit errang Namibia erst im Jahr 1990 und ist somit noch ein sehr junger Staat. Die Errungenschaft dieser Unabhängigkeit und der Befreiung kolonialer Herrschaften hat hier einen großen Stellenwert, der mit den Feierlichkeiten auch den Schüler*innen greifbar gemacht werden sollte. Bei solchen Feierlichkeiten müssen Hanna und ich uns immer zwischen beiden sections entscheiden, da sie meistens für sich feiern. Dieses Mal entschieden wir uns für die visual impaired section und verbrachten die Feier dort. Für mich das großartigste an diesem Tag: Die Zahlreichen traditionellen Gesangs- und Tanzeinlagen der Schüler*innen. Schon als die Feier noch gar nicht richtig los ging, waren alle in guter Stimmung und legten mit eigener Trommelbegleitung mehrere Tanzrunden hintereinander hin – und das ganz ohne Anleitung der Lehrkräfte. Die Schüler*innen hatten totalen Spaß daran, da brauchte es von niemandem eine Aufforderung. Während der Zeremonie wurden dann wundervolle Lieder gesungen. Mal wurde in englisch der wundervolle Frieden besungen, mal waren die Lieder auf Oshiwambo, sodass wir nichts verstehen konnten. Aber immer waren alle Schüler*innen dabei und bildeten so einen riesigen Chor – von der Vorschule bis zur neunten Klasse. Diese Tanz und Gesangseinlagen waren immer wieder Teil der Feier. Zwischendurch wurden von Lehrkräften und Schüler*innen kleine Vorträge über die Geschichte der Unabhängigkeit oder die Bedeutung der namibischen Nationalflagge gehalten. Nach der Zeremonie wurden traditionelle Snacks wie Nüsse und andere kleine Früchte verteilt. Anschließend gab es für die Lehrkräfte und später auch für die Schüler*innen noch eine traditionelle Mahlzeit, bestehend aus Pap (Brei aus Mahangu Mehl), Ombidi (Spinat, der traditionell getrocknet und anschließend gekocht wird), Eefukwa (gekochte Bohnen) und Hühnchenfleisch.

Nachfeier des Independence Days in der Schule

Nur eine Woche später stand in der Schule schon der nächste besondere Tag an. Anlässlich des 1. Aprils wurde der nächste Freitag zum „Fun Day“ erklärt. Nach der Pause fand kein Unterricht mehr statt, sondern es wurden Masken gebastelt und witzige Spiele gespielt, bei denen die Schüler*innen sogar ein paar Kleinigkeiten gewinnen konnten. Darunter gab es z.B. menschliches Tauziehen, Dreibeinlauf oder Cola-Wetttrinken. Außerdem wurden alle dazu aufgerufen, sich witzig zu kleiden.  Hanna und ich hatten die Ideen, unsere Rollen zu tauschen. Sie zog ein paar meiner Klamotten an, wir tauschten unsere Hüte und ich machte meine Sporthose mit Sicherheitsnadeln ein wenig kürzer als üblich. Diese Aktion wurde von den Kids total abgefeiert. Besonders die vertauschten Hüte und meine sehr kurze Hose sorgten für ordentlich Gelächter. Zum Glück waren wir nicht die einzigen. Während sich die Lehrkräfte kleidungstechnisch eher zurückhielten, kleideten sich einige der Hostelmitarbeiter*innen ebenfalls gemäß des anderen Geschlechts. Sodass ein stämmiger Mann in Kleid oder eine Frau im Anzug auftauchte.

„Fun Day” am 1. April

Vom 12. bis 13.04. hatten wir dann Besuch von Miriam, Malin und Lenni aus Walvis Bay. Sie waren im Norden unterwegs, um sich die dortigen ASC-Projekte anzusehen und kamen dementsprechend auch bei uns vorbei, um sich unsere Arbeit anzusehen und uns dabei zu unterstützen. So besuchten sie uns in der Schule und beim Schwimmunterricht, besonders zur Freude unserer Schüler*innen. Sie waren total begeistert, ihnen Gebärden zu zeigen, sie auszufragen und ihnen Gebärdennamen zu geben. Die drei zeigten sich total beeindruckt von unserer Schule. Für sie war es sicherlich eine gelungene Abwechslung, anstatt 45 lautstarker Schüler*innen pro Sportstunde mal nur 20 gehörlose Schüler*innen zu haben. Da steht man natürlich vor ganz anderen Herausforderungen und es ist sicher cool mal all die unterschiedlichen Facetten der verschiedenen Einsatzstellen zu erleben. Solche Besuche anderer Einsatzstellen haben Hanna und ich uns für die Zukunft auf jeden Fall auch noch vorgenommen.

Sign names für unseren Besuch aus Walvis Bay und Unterstützung bei den Schwimmstunden

Am 20. und 21.04. stand dann auch schon der nächste Besuch bei uns im Projekt an. Ulla und Chris vom ASC 46 sind vorbei gekommen. Einmal pro Jahrgang besuchen sie alle Projekte im Land, um zu sehen, ob in den Einsatzstellen alles läuft und mit den verantwortlichen der Partnerschulen zu sprechen. So haben sie uns am Nachmittag beim Schwimmunterricht besucht und am nächsten Tag in der Schule. Auch sie wurden von den Kids mit offenen Armen empfangen und hielten sofort nach ihrer Ankunft gleich einige Vorschulkinder an den Händen. Sie waren bei zwei unserer Sportstunden dabei und begutachteten voller Begeisterung die Sprunggrube, die wir gemeinsam mit den Schüler*innen gebaut haben. Anschließend hatten wir noch ein kurzes Gespräch mit den Schulleiterinnen, bevor sie sich auch schon auf den Weg nach Eenhana machten, um dort Emily und Phil zu besuchen.

Ein Highlight ihres Besuchs war, dass Chris uns die drei Spikeball Spiele mitgebracht hat, die Hanna und ich von unseren Spendengeldern angeschafft haben. Da es das Spiel in Namibia nicht zu kaufen gibt, haben wir es online zu Chris ins Büro schicken lassen und er hat es für uns mit nach Namibia gebracht. Vielen Dank an dieser Stelle an alle Spender*innen (und natürlich an Chris!). Die Spikeball-Spiele werden in den nächsten Wochen und Monaten sicher ordentlich zur Anwendung kommen und ich bin mir sicher, die Kids werden sie lieben.


Auch außerhalb von der Arbeit haben wir in unserer Freizeit natürlich wieder das ein oder andere unternommen. Nachdem wir am ersten Aprilwochenende beim Run Along gründlich durchgeregnet sind (nach etwa der Hälfte der Strecke hat es angefangen zu gießen wie aus Kübeln…), waren wir am Samstag Nachmittag bei einem Sportturnier auf dem Engeneering Campus, um unsere Freunde beim Basketball anzufeuern. Da das Turnier aufgrund des Regens mit Verspätung startete, musste es in der folgenden Woche zu Ende gespielt werden und wir konnten somit nicht all ihre Spiele sehen, am Ende haben sie das Turnier aber gewonnen.

Das Osterwochenende haben wir größtenteils in der Landeshauptstadt Windhoek verbracht. Zwar hatten wir keine Osterferien, aber mit Karfreitag und Ostermontag immerhin ein verlängertes Wochenende, das wir nutzen wollten, um mal aus Ongwediva herauszukommen. Wir haben uns also am Donnerstag Abend in den Intercape gesetzt (das ist ein Reisebusunternehmen, so ähnlich wie FlixBus) und sind über Nacht 10 Stunden nach Windhoek gefahren, wo wir gegen 4:30 Uhr morgens angekommen sind. Da unser Empfangskommando leider verschlafen hat, mussten wir selbst ein Taxi organisieren, mit dem wir dann zur Wohnung von Lena, Marlene, Luca und David gefahren sind. Das sind vier von insgesamt sechs ASC-Freiwilligen in Windhoek, bei denen wir an diesem Wochenende untergekommen sind. Auch Toni und Nils, die anderen beiden Freiwilligen konnten wir an dem Wochenende sehen. Es war für uns das erste Wiedersehen seit Silvester. Wir haben zwei der drei Windhoeker Einsatzstellen besucht, gemeinsam gegrillt, waren in einer Trampolinhalle und auf dem Independence Museum, um den Sonnenuntergang zu bestaunen. Außerdem haben wir an einem Abend im Brewers Club gefeiert, den (zugegebenermaßen etwas touristischen) Craft Market durchstöbert und waren auf dem bekanntesten Kapana Markt essen. All das haben wir vorher nicht großartig geplant sondern es hat sich einfach ergeben. Insgesamt war es ein entspanntes und trotzdem erlebnisreiches Wochenende, das viel Raum bot, sich nach langer Zeit mal wieder mit den Mitfreiwilligen auszutauschen und deren Gesellschaft zu genießen. Darüber hinaus waren bei vielen der Aktivitäten auch Daughter und Oletu dabei, mit denen wir uns schon an Weihnachten im Village sehr gut verstanden haben. Sie gehören zu Yuris Familie, leben aber in Windhoek. Auch Oletus Schwester Aina, die an Weihnachten nicht dabei war, konnten wir nun in Windhoek kennenlernen. Am Ostersonntag ging es für uns abends auch schon mit dem Intercape zurück nach Ongwediva: erneut 10 Stunden Nachfahrt. Insgesamt also eine Menge Fahrzeit für nichtmal drei volle Tage Aufenthalt, die sich aber dennoch sehr gelohnt hat.

Besuch in Windhoek

Am Ostermontag habe ich zunächst für Hanna ein paar Kleinigkeiten versteckt, die sie dann suchen musste und nach dem Einkaufen (ja, hier haben die Geschäfte vormittags auch an Feiertagen geöffnet) haben wir ein paar Süßigkeiten für die Nachbarskids versteckt, die sie dann gemeinsam gesucht haben. Das schien etwas total besonderes für sie zu sein und sie haben sich riesig gefreut.

Bereits im letzten Beitrag hatte ich ja schon von einem total coolen Wochenendausflug nach Ruacana berichtet. Leider führten die Ruacana Falls zu dem Zeitpunkt trotz viel Regen nicht viel Wasser. Anstatt großer Wasserfälle stürzte lediglich ein kleiner Bach in die Tiefe. Trotzdem war es beeindruckend und das herumklettern auf den Felsen hat so viel Spaß gemacht, dass wir das wiederholen wollten. So sind wir am 23.04. gemeinsam mit Phil, Emily und Abraham, einem Lehrer von unserer Schule erneut zu den Ruacana Falls gefahren. Diesmal nur für einen Tag, morgens hin und abends wieder zurück. Trotzdem war es wieder total großartig. Wir hatten diesmal deutlich mehr Zeit vor Ort und konnten den Aufenthalt ausgiebig genießen. Der Ausblick war ganz ein anderer als beim letzten Mal, obwohl wir an exakt dem gleichen Ort waren, denn es stürzte wesentlich mehr Wasser in die Tiefe. Wir sind wieder viel auf den Felsen herumgeklettert, was durch das ganze Wasser etwas erschwert wurde. Außerdem konnten wir ausgiebig die Aussicht genießen und noch andere Ecken erkunden. Diesmal sind wir auch etwas weiter nach oben gegangen, direkt an der namibisch-angolischen Grenze entlang. Es war ein wirklich toller Tagesausflug. Besonders, dass Abraham dabei war, fand ich schön, da wir bisher selten etwas außerhalb der Schule mit ihm unternommen haben.

Zweiter Ausflug nach Ruacana

Anschließend standen für uns ersteinmal zwei Wochen ohne unsere Arbeit Schule an. Zunächst reisten wir am 26.04. nach Swakopmund, um dort gemeinsam mit allen anderen ASC-Freiwilligen am Zwischenseminar teilzunehmen. Danach war in den Schulen eine Woche Ferien, die wir nutzten, um den Süden Namibias zu bereisen. Damit es nicht zu viel wird, werde ich darüber allerdings im nächsten Beitrag berichten.